Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März haben die Ordensgemeinschaften eine Serie herausgegeben, in der Ordensfrauen und -männer darüber nachdenken, was es heißt, heute als Ordensfrau zu leben. Als Kontrastfolie diente ihnen dazu die Zeitschrift JETZT, die vor 50 Jahren vom sogenannten Ordensrat veröffentlicht wurde.
Sr Teresa war dazu ebenfalls angefragt.
Wie soll eine Ordensfrau in der Zukunft sein? Sr. Teresa Hieslmayr von der Dominikanischen Gemeinschaft hat sich darüber Gedanken gemacht und einen eigenen Entwurf skizziert.
2/1969: P. Herbert Roth SJ, Frankfurt am Main
„Die Ordensfrau der Zukunft wird viel stärker, als wir uns das vielleicht vorstellen können, einfach als gläubiger Mensch wirken müssen ohne die starken institutionellen Sicherungen, die heute vielen Ordensleuten noch unentbehrlich scheinen. Auch heute ist ja unsere eigentlich wirksame Sicherung die persönliche Verbundenheit mit dem Herrn (Joh. 15,5), und die christliche Reife entscheidet sich nicht an dem Maß äußerer Entbehrungen und Verzichte, sondern an der Größe der Liebe.
Das Zeichen wird vielmehr darin zu sehen sein, dass es in der Kirche einen Stand gibt, der sich öffentlich zu einem Leben nach den evangelischen Räten verpflichtet. Das persönliche Leben der einzelnen Ordensfrau wird nicht darauf ausgerichtet sein, diese Verpflichtung in einer institutionell geprägten äußeren Lebensform zu betonen, sondern es in schlichter Anspruchslosigkeit des Dienens den Mitmenschen schwesterlich glaubhaft zu machen.
Aus „JETZT“, Zeitschrift der österreichischen Ordensfrauen, 2/1968
2020: Sr. Teresa Hieslmayr, Dominikanische Gemeinschaft Kirchberg am Wechsel
„Dieser auf den ersten Blick zukunftsorientierte Text führt, so stellt frau bei genauerem Hinsehen fest, die alten patriarchalischen Strukturen und traditionellen Klischees der anspruchslosen, gehorsam dienenden Ordensfrau fort. Ohne die genauen Hintergründe der Entstehung dieser Zeilen zu kennen, erscheint mir doch bemerkenswert, dass ein MANN, der Jesuit Herbert Roth, den Ordensfrauen sagt, was bzw. wie sie in Zukunft sein zw. tun MÜSSEN:[1] anspruchsloses Dienen und pflichtbewusstes Erfüllen der evangelischen Räte wird da für die Zukunft gefordert – so als ob das etwas essentiell Neues in der Ordenstheologie darstellen würde.
Ich möchte dieses Statment als Anregung nehmen, einen eigenen Entwurf der „Ordensfrau der Zukunft“ zu skizzieren, und zwar als Wunsch, nicht als Muss; auch auf die Gefahr hin, in 50 Jahren selbst dafür kritisiert zu werden.
Ordensfrauen der Zukunft – und der Gegenwart
Für die Zukunft – und für die Gegenwart – wünsche ich mir Ordensfrauen, die ihren Glauben als das größte Geschenk, die größte Gnade, ihres Lebens erfahren.
Für die Zukunft – und für die Gegenwart – wünsche ich mir Ordensfrauen, deren Freude über ihren Glauben ausstrahlt und andere ansteckt: ihre Mitschwestern, ihre ArbeitskollegInnen, Ihre PflegerInnen.
Für die Zukunft – und für die Gegenwart – wünsche ich mir Ordensfrauen mit einer Leidenschaft für das Leben, die sie sich nicht von patriarchalen Strukturen, nicht von der Maschinerie des Alltags und auch nicht von ihren eigenen Ängsten und Zweifeln zerstören lassen.
Für die Zukunft – und für die Gegenwart – wünsche ich mir Ordensfrauen, die einer gottscheuen, gottentfremdeten Welt Gott bringen: durch ihr Sprechen und Widersprechen, ihr Schreiben und Schreien, ihr Singen und Beten, ihr Lieben und Leiden, ihr Leben und ihren Tod.
Sr. Teresa Hieslmayr OP
[1] Mindestens ebenso bemerkenswert finde ich auch, dass die für die Redaktion verantwortlichen Ordensfrauen einen solchen Text in ihrem Medium veröffentlicht haben wollten.
Hier finden Sie den Link zur gesamten Serie.